26. August 2024

Geschmack entwickelt sich im Leben eines Menschen weiter – ein normaler und in mancher Hinsicht hilfreicher Vorteil des Älterwerdens. Modisch bedeutet das, dass ich auch ohne pubertär schwarz gefärbte Gelspitzenkranzfrisur und Flecktarn-Shirts als Mensch akzeptiert werde. Kulinarisch bedeutet das, dass einige Dinge, die ich vor 10 Jahren nie bewusst von einer Speisekarte bestellt hätte, jetzt einen Großteil meiner Ernährung ausmachen.

Als Kind zweier Eltern aus der Gastronomie war ich immer schon mit ausreichend vielfältigem Essen sozialisiert und auch Experimenten nie abgeneigt. Ich erinnere mich noch daran, wie ich meine Frau vor mehr als 10 Jahren von der uneingeschränkten Notwendigkeit von Knoblauch überzeugt habe – ein erster Schritt in ein besseres Leben. Auch das Backen anzufangen war so etwas wie der Beginn eines neuen Side Quest, fernab der eigentlichen Handlung überaschende Entdeckungen zu machen. Der richtige Wow-Effekt hat bisher trotz einer harten Jamie Oliver-Suchtphase in den 2010ern nie wirklich eingesetzt. Jetzt, mit 36, quasi im ersten Jahr meiner zweiten Lebenshälfte, scheint für mich genau der richtige Zeitpunkt um meine Geschmacksantennen neu auszurichten. Happy Birthday to me!

Levantinische Küche ist aktuell meine große Leidenschaft.

Nicht ganz ohne Kollateralschäden, denn mittlerweile inhaliert meine Vierjährige Tochter Ajoli und Suçuk wie Andere Kinder Ahoibrause und Snickers. Fattoush, Fasulya und Fatteh – klingt wie die potentiellen Frontfrauen einer großartigen arabischen Girlband. Aus Gründen der kulturellen Deutungshoheit, die ich lieber denjenigen überlasse, die diese Art zu Kochen von Ihrern Müttern und Großmüttern gelernt haben, muss ich an dieser Stelle bemerken, dass meine bisherigen bescheidenen Interpretationen vielleicht nicht hundertprozentig authentisch sind. Spaß zu kochen macht es trotzdem. Von “Der” Levante-Küche zu sprechen, sei in etwa so, wie von “DER” europäischen Küche zu sprechen, meinen etwa Tara Wigley und Sami Tamimi in ihrem großartigen Kochbuch “Palästina”.
Libanesisches Streetfood, palestinensische Mezze, Marrokanische Minze – die Mittelmeer-Regionen jenseits des Sommerurlaubs bieten eine so unglaubliche Vielfalt, dass ich Trauer für jeden empfinde, der sich diesem Geschmack verschließt.

Doch wie bin ich überhaupt in dieses Rabbit Hole aus Kreuzkümmel und Koriander gefallen?

Ein kinderfreies Wochenende in Hamburg, nein DAS ERSTE kinderfreie Wochenende ever in Hamburg. Plötzlich tat sich eine unendliche kulinarisch unentdeckte Welt auf. Weg von Kompromiss-Kulinarik, ab in die Pommesfreiheit. Das Ziel war, ausschließlich in Restaurants zu essen in denen wir mit Kindern niemals hätten essen können. Le Marrakech – Boom. Tigre – Boom. Danach war nichts mehr wie es war und die gewohnte Grenz-Exotik von Senfei oder Schichtkohl mit Kümmel war endgültig überwunden.

Le Marrakech in Hamburg – nicht nur optisch ein Highlight

Dazu kam, dass mich zu dieser Zeit die Serie “Only Murders in the Building” eindeutig davon überzeugt hat, dass es möglich ist sich ausschließlich von Dips wie Hummus, Zaziki oder Muhammara zu ernähren. Gutes Zaziki konnte ich dank oben erwähntem Background zwar schon mit 16 machen, aber es blieb eben beim guten alten Zaziki. Was die feinen Unterschiede zu Cacik oder Labneh-Varianten sind, stellte sich erst jetzt im Zuge der Levantisierung meiner Kochgewohnheiten heraus. Harzer Dipking, sollte ich mir als Marke schützen lassen.

Garten, Gewürz und Ganz Frische Ware

Wer einen Garten mit einigermaßen unkontrolliert wachsenden Gemüsesorten wie Zuchini oder Bohnen hat, kann sich glücklich schätzen. Wer immer neue Ideen zur Verwertung hat, ebenfalls. Grüne Stangen-Bohnen in eine neue Geschmacksrichtung zu bouillieren war mein erster Versuch, das in Hamburgs Le Marrakech erlittene “Warum-hab-ich-sowas-geiles-jetzt-erst-probiert”-Trauma zu verarbeiten. Taze Fasulye, Bohnen in einer scharfen Sauce aus Tomaten, Granatapfelsirup, Knoblauch usw.

Frische Bohnen aus dem Garten

Für alle, die keinen eigenen Garten haben, lohnt sich ein unvoreingenommener Gang durch die großartige Gemüseabteilung des örtlichen Aldis. Habt ihr euch schonmal gefragt, was man mit den riesigen Bünden frischer Petersilie anfangen kann? Außer Küchendekoration kam mir da nur 10 Liter Möhrensuppe oder ein gemütlicher Morgensmoothie mit Algenmilch und Grünkohl in den Sinn. Mittlerweile kaufe ich die Teile fast wöchentlich, denn besonders frische Kräuter – in der heiligen Dreifaltigkeit Petersilie, Koriander, Minze – Granatapfelkerne und Gewürze machen den Unterschied.

Ein zu Unrecht unterbewerteter Teil des Sortiments: Frische glatte Petersilie als Bund

Das schnelle Rezept: Türkische Bohnen mit Tomaten und Granatapfelsirup

  1. Zwiebel und Paprika in kleinen Würfeln in Olivenöl andünsten
  2. reichlich klein geschnittenen Knoblauch dazugeben
  3. Tomatenmark und Gewürze (Salz ,Kreuzkümmel, Cayenne-Pfeffer, Baharat-Gewürzmischung, Zimt, schwarzer Pfeffer) dazugeben
  4. gehackte Tomaten aus der Dose sowie frische, geschnittene Gartenbohnen dazugeben
  5. Mit Granatapfelsirup und etwas Wasser, alternativ dunklem Traubensaft, auffüllen
  6. die Bohnen im Sud zugedeckt 15-20 Minuten kochen lassen
  7. Mit frischer Petersilie und etwas griechischem Joghurt servieren





*Dieser Beitrag enthält bezahlte Werbung, entspricht aber der völligen Wahrheit.*